Am Ende des letzten Jahres stand für mich fest: Es geht nächstes Jahr nach Costa Rica ! Mit Visioneers fand ich damals eine Organisation, welche Freiwillige über das Programm Weltwärts in jenes ferne Land versendet.
Und jetzt sitze ich schon eingeengt in einer kleinen Sitzreihe in einem vollen und brütend warmen Bus, auf dem Weg von Puerto Limon, der costa-ricanischen Stadt an der Karibikküste, zu dem Ort Turrialba am gleichnamigen Vulkan und habe mich grade entschlossen, nach drei Monaten Freiwilligenarbeit hier, ein Paar Wörter aufs Papier zu bringen . Die Luft steht hier in diesem Bus, ebenso wie dieser die meiste Zeit steht, denn die Straße hier nahe von Puerto Limon ist immer überfüllt, schließlich gibt es in der Stadt den größten Hafen von Costa Rica und es werden viele Waren für die weitere Verschiffung transportiert. Eine solche Verkehrskatastrophe kenne ich hier in Costa Rica auch von dem Valle Central, der zentral gelegenen Hochebene im Landesinneren. Auf dem Valle Central leben gut 70% der Landbevölkerung und dementsprechend chaotisch ist der Verkehr. Die Straßen sind hier wie dort überfüllt mit Autos, Bussen und großen Trucks, einige sehen so aus als ob sie keine zwei Meter mehr fahren, andere scheinen wie grade neu gekauft, und zwischen den Reihen an Fahrzeugen quetschen sich Mopeds durch. Männer wie Frauen laufen umher, verkaufen süße und salzige Bananenchips und preisen ihre Waren an.Bald wird es ländlicher und je weniger Häuser ich aus dem Fenster sehen kann, desto mehr den Dschungel und die waldgrünen Berge. Mit der Lage nahe dem Äquator, zwischen zwei Ozeanen, ist Costa Rica sehr heiß und feucht, eine ideale Umgebung für den Regenwald und deren Bewohner.Doch soll es in diesem Beitrag nicht um Costa Rica, das Land, gehen, es soll mein Einsatz als Weltwärtsfreiwilliger im Fokus stehen. Und dieser Einsatz begann genau genommen schon in Deutschland mit den Vorbereitungsseminaren. Nach jenen erreichte ich am 24. März San José, die Hauptstadt Costa Ricas.
Die ersten Tage hier, sprich die letzten Vorbereitungstage und der zweiwöchige Spanischkurs verbleiben mir sehr positiv in Erinnerung. Die erste Anspannung, die mich zusammen mit der Anfangsnervosität begleitet hat, seit ich aus dem Flugzeug gestiegen bin, ist verflogen. Ich habe bei meiner ersten Partie Fußball im fußballverrückten Lateinamerika direkt ein paar Schuhe schrottreif gespielt. Das in Deutschland schon gesammelte Wissen wurde nochmal angespitzt und geschliffen; besonders prägend sind die ersten Eindrücke von der Kultur, die wir noch gemeinsam als Gruppe erfahren durften. Wir haben Ausflüge in San José gemacht und sind dabei zum Beispiel in das Gewusel des größten Marktes eingetaucht und haben uns kulturelle Tänze im Parque de Diversion angeguckt.
Du möchtest mehr über die ersten Tage und den Spanischkurs erfahren und fragst dich was hinter diesem Bild steckt? Dann kann ich dir den sehr unterhaltsamen Beitrag von dem Freiwilligen Henno ans Herz legen, es stecken einige Lacher drin!
Mit „perfekten“ Spanischkenntnissen, die ich nach dem Spanischkurs hatte, ging es nun für mich zu meiner Einsatzstelle, der Asociación Comunidad Familiar Misionera. Ich kam während der Osterwoche bei dem Projekteinsatzstelle in Limon2000 an und hatte dadurch erstmal überraschend ein paar freie Tage. So konnte ich mich erst einmal akklimatisieren in meinem Zuhause für das kommende Jahr und meine Gastfamilie kennenlernen. Während ich zuvor noch dachte, dass ich mit Isabel, einer anderen Freiwilligen schon mit Auslandserfahrung, in eine Familie komme, eröffnete mir mein Mentor, mit dem ich einen schönen ersten Tag in meiner neuen Heimat verbracht habe (wir haben unter anderem den zwingend notwendigen Ventilator gekauft! Ohne den würde ich hier keine Nacht schlafen können), dass ich in eine andere Familie komme. Die Verantwortlichen haben sich gedacht, es ist notwendig, die Gruppe zu öffnen und einen Spanischzwang zu schaffen (diese Schlitzohren!). Denn meine Gastfamilie, bestehend aus meiner Gastmutter und meiner 14-jährigen Gastschwester, spricht ausschließlich Spanisch. Das führte natürlich zu zahlreichen Missverständnissen und lustigen Situationen. Anfangs noch etwas schüchtern, hatte sich meine Gastschwester jedoch schnell als ein wahres Naturtalent im pantomimischen Darstellen erwiesen. Am Esstisch habe ich dadurch immer viel zu lachen, egal ob ich gerade Gesagtes verstehe oder nicht. Ebenso wie diese Situation für mich eine neue ist, so ist sie das auch für meine Familie. Die Familie Maravilla (zu Deutsch: Wunder) macht mit mir die ersten Erfahrungen mit Freiwilligen. Meine Gastmutter ist eine talentierte Köchin und zu meiner Freude hat sie Freude daran, traditionelle costa-ricanische Gerichte zuzubereiten. Mittlerweile habe ich schon ein paar Tage miterlebt, an denen das Geld knapp war in der Familie, jedoch hat sich das nie auf die Menge des Essens ausgewirkt, lediglich auf die Vielfalt. Ich sage nur: Reis und Bohnen…
Eine Einsatzstelle meines Projektes: Englischklassenraum an der weiterführenden Schule
In der langen Vorbereitung und den freien Ostertagen steigerte sich immer mehr die Motivation nun endlich tatkräftig zu werden. Welch eine Enttäuschung erlebte ich dann an den ersten Arbeitstagen! Am ersten Arbeitstag lernte ich die Verantwortlichen der Einsatzstelle kennen und es wurde mir klar, dass die Verantwortlichen wohl durchaus zur Kenntnis genommen hatten, dass Weltwärtsfreiwillige kommen werden, aber darüber hinaus nicht viel geschehen ist. Sprich: Es wurde sich ein bisschen zurückgelehnt und entspannt in der Einsatzstelle und so fand ich die Verantwortlichen vor, als es für mich um meinen Arbeitsplan oder zumindest eine projektnahe Tätigkeit ging (schöne erste Eindrücke der Arbeitsmoral der Pura Vida-Kultur). Zusammen mit Isabel und der antreibenden Unterstützung ihrer Gastfamilie, die reichlich Erfahrung mit Freiwilligen aus dem Ausland hat, haben wir dann Schritt für Schritt unsere Wochen mit Aufgaben gefüllt.
Ich lernte in den ersten drei Wochen alle drei meiner zukünftigen Wirkungsbereiche kennen, also die eigentliche Projektstelle und Kirche in Limon2000, eine nah gelegene weiterführende Schule und eine ebenso nah gelegene Grundschule. An diesen Grundschulen unterstützt die Asociación Comunidad Familiar Misionera die Klassen mit praktischem Input. Mit Mitgliedern des Projektes und Freiwilligen wie mir werden Aktivitäten durchgeführt und animiert. Nachdem mit den Schuldirektoren einige freundliche Worte gewechselt waren, begann die Freiwilligentätigkeit erst wirklich, d.h. der Arbeitsalltag begann. Seit jenem Zeitpunkt unterstütze ich die Lehrkräfte an den Schulen in den Englischklassen. Mit den Lehrkräften zusammen verwirklichen Isabel und ich Aktivitäten, um das von den Lehrkräften vermittelte theoretische Wissen in der Praxis zu erproben und zu vertiefen.
Der Personenkreis, mit dem wir dabei zusammenarbeiten, schließt einen weiteren Freiwilligen, den guten Chris, von dessen Erfahrungen ihr hier hören könnt, zahlreiche Lehrer an den zwei Schulen und die Verantwortlichen der Einsatzstelle mit ein. Die größte Personengruppe, mit der ich zusammenarbeite, sind jedoch die Schüler in den Englischklassen der Schulen und dem Englischkurs in Limon2000.
Ein weiterer Wirkungsbereich: Der Englischkurs in Limon2000
Diese Schüler und Erwachsenen, bei denen ich im Unterricht an den Schulen helfe, oder denen die beiden anderen und ich direkt an der Einsatzstelle einen Englischkurs anbieten, haben uns sehr warmherzig, mit großem Interesse und mit offenen Armen willkommen geheißen. Vor allen bei jungen Schülern ist das Interesse groß und überragt etwaige Hürden, kultureller oder sprachlicher Natur.
Bei der Zusammenarbeit mit den Lehrern und den Verantwortlichen der Einsatzstelle kommt die unterschiedliche Kultur stärker zur Geltung. Da sind manchmal kleine Hürden zu überwinden, jedoch ist der Umgang durchweg freundlich und offenherzig. Nur bei der Disziplin oder dem sehr stark ausgeprägtem Stolz eckt man dann mal an und als Freiwilliger stellt sich mir die Aufgabe, emphatisch einen für alle angenehmen Weg zu finden.
Die unterschiedlichen Lehrer wünschen sich verschiedene Beteiligungen am Unterricht von Isabel und mir, wodurch Abwechslung in meine Tätigkeiten kommt. So muss ich mir für einige Klassen eine Aktivität überlegen auf Basis dessen, was die Lehrkraft unterrichtet; in anderen Klassen arbeite ich zusammen mit der Lehrkraft Aktivitäten aus oder bekomme Aktivitäten vorgegeben, die ich dann aktiv unterstützen soll mit meinem Englisch, meiner Aussprache. Hinzu kommt eine gewisse individuelle Hilfe bei der Examens-, oder Veranstaltungsvorbereitung (z.B. für einen Englisch-Buchstabierwettbewerb). Diese unterstützenden Tätigkeiten in den Schulen werden ergänzt mit einem Englischkurs in der Einsatzstelle meiner Empfängerorganisation. Dort lehren wir, die beiden anderen Freiwilligen und ich, Konversationsenglisch für die Gemeindemitglieder von Limon2000.
Wenn ich nun beim Schreiben an diese spannende erste Zeit hier zurückdenke, möchte ich sagen: Ich bin mit einem großen Interesse an Sprachen nach Costa Rica in das Projekt gekommen und das Projekt und die Tätigkeiten als Unterstützer in Englischkonversationsklassen haben sich als sehr interessant herausgestellt. Ich bin auf die weiteren Wochen gespannt. An den Schulen folgen nun alsbald einige Aktivitäten und Isabel und ich bekommen Woche um Woche einen größeren Handlungsspielraum, jetzt, da uns die Lehrer kennen. Auch folgen im Juli die zehntägigen Sommerferien und ich werde Ausflüge machen mit meiner Familie. Welch spannende Zeiten! Doch gegenwärtig erreiche ich erstmal das mir bereits bekannte Turrialba. Hier werde ich jetzt aussteigen Freunde wiedersehen und auch den rauchenden Vulkan.
Wenn ihr mich und die Arbeit hier Vorort unterstützen möchtet, freue ich mich über jede Spende – ganz egal ob 5, 10 oder 50 Euro unter diesem Link.
Bis zum nächsten Mal,
euer Patrick