„Hast du Lust in einem kreativen Nähprojekt für Jugendliche mitzuarbeiten?“, wurde ich Anfang des Jahres gefragt. „Ich kann zwar überhaupt nicht nähen“, dachte ich, aber warum eigentlich nicht? Seit März 2017 bin ich also Projektassistentin und damit Teil der Nähwerkstatt von VISIONEERS e. V., einem unabhängigen Verein, der sich für benachteiligte und straffällig gewordene Jugendliche in Berlin und in Entwicklungsländern einsetzt. Ich kümmere mich hauptsächlich um das Administrative und die Organisation im Hintergrund, darf Zeit mit den Jugendlichen verbringen und hin und wieder natürlich auch mal selbst nähen. Dabei lerne ich immer mehr dazu.
Seit zehn Monaten treffen wir uns nun einmal wöchentlich, essen gemeinsam und arbeiten anschließend zusammen an einem Nähprojekt. Der Verlauf ist dabei jedes Mal ganz unterschiedlich: Mal arbeitet jeder für sich an seinem eigenen Projekt, z. B. einem Kleidungsstück, einer Tasche oder einem Fahrradsattelüberzug, mal arbeiten wir alle gemeinsam als Team in einer Art Patchwork-Produktion. Schnell habe ich gemerkt, dass es in der Nähwerkstatt um mehr als nur um das Nähen geht. Ich erlebe ein herzliches Miteinander, in dem die Jugendlichen und Helfenden sich gegenseitig unterstützen, voneinander lernen und gemeinsam viel Spaß haben. Auch persönliche Anliegen und Sorgen bekommen dort ihren Raum. Das ist wichtig, denn viele Jugendliche erzählen zu Beginn, wie es ihnen gerade geht und wo sie Hilfe benötigen. So holen wir jeden dort ab, wo er gerade steht. Dadurch geling es uns, die Jugendlichen auch über die wöchentlichen Nähworkshops hinaus zu unterstützen, beispielsweise bei Behördengängen oder der Wohnungssuche. So wird aus dem bloßen Nähworkshop plötzlich ein Ort der Begegnung und des Miteinanders. Für mich hat sich die Arbeit also schon jetzt ausgezahlt.
Besonders beeindruckt hat mich, wie geschickt und professionell einige der Teilnehmenden mit der Nähmaschine umgehen, obwohl auch sie zum Teil erst in unseren Nähprojekten der letzten Jahre nähen gelernt haben. Ich persönlich war stolz, als ich mit Unterstützung und Ermutigung der Jugendlichen und Julia, unserer Workshopleiterin, meine ersten eigenen Stücke genäht habe. Doch was bleibt, wenn ein Workshop zu Ende geht, ist mehr als nur eine selbstgenähte Hose oder ein Rucksack, den man nach wochenlanger Arbeit mit nach Hause nehmen darf. Es bleiben neue Begegnungen, Freundschaften, neu gewonnenes Selbstvertrauen, erlernte Fähigkeiten und das Bewusstsein über die Herstellung von Kleidung und anderen Textilien.
Wir danken allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die Material spenden, sortieren und uns Woche für Woche ihre Zeit schenken, um den Jugendlichen mit viel Engagement das kreative Arbeiten näherzubringen und Freundschaften zu knüpfen.
Außerdem möchten wir uns ganz besonders bei der Postcode Lotterie, der Nord-Süd-Brücken Stiftung und dem Buddy Bear e.V. bedanken, die durch ihre großzügige Unterstützung unser Projekt erst möglich machen. Vielen Dank dafür!
Für die Inhalte der Publikationen ist allein die bezuschusste Institution verantwortlich. Die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung wieder