Genau wie die Frauen im Projekt, mache auch ich einen Wandlungsprozess durch. Die ersten Monate wurde in mich investiert. Ich brauchte Zeit anzukommen, zu lernen und Verantwortung zu übernehmen.
Doch nun kann ich endlich zurückgeben, Arbeit abnehmen und ein wenig meinen Fingerabdruck hinterlassen. Seit Januar bin ich die offizielle Verantwortliche für die Kinderbetreuung. Und es macht tatsächlich viel Spaß.
Da ich nun selber entscheiden muss, wie wir den Tag gestalten und mit bestimmten Situationen umgehen, bin ich auch mit mehr Herzblut dabei und freue mich zu sehen, wie viel die Kinder lernen und begeistert den Geschichten lauschen, aber auch freudeschreiend im Hof fangen spielen und mich laut „Profe, Profe!“ rufen, wenn es etwas zu bestaunen gibt. (Profe ist eine Abkürzung von Profesora und bedeutet Lehrerin).
Ich hatte anfangs nicht gedacht, dass ich mit Kindern arbeiten würde und hatte mich bewusst auf ein Frauenprojekt beworben. Doch man tut eben was man kann und nun verzaubert mich das Lächeln und die vor Freude strahlenden Augen jeden Tag aufs Neue.
Seit fast zwei Monaten wohne ich nun auch im Projekt. Ich hatte ein wenig Angst, dass ich damit allzu sehr zum Workaholic werden würde, und vermisste die Annehmlichkeiten einer Familie um mich herum.
Aber es lässt sich tatsächlich ganz gut trennen und ich fühle mich sehr wohl, nur bin ich nun eben selbst verantwortlich für meine sozialen Aktivitäten und muss mich selbst aufraffen, jeden Tag einmal das Haus zu verlassen. Doch dank des Unichores, einer Jungen Gemeinde und neuerdings sogar Zumba, klappt das alles ganz gut.
Die neue Wohnsituation bedeutet aber auch eine Art Hausmeistertätigkeit. Und jedes Mal, wenn etwas fehlt oder kaputt ist, ist es an mir zu überlegen, wie wir es am besten wiederbeschaffen, ob wir es selber irgendwie improvisieren können oder doch ein Handwerker kommen muss.
Meine liebste Aufgabe ist allerdings der „Taller“. Die Frauen des Nähkurses stellen nämlich für Transforma Produkte her. So gibt es verschiedene Modelle von Taschen und kleinen Beuteln, aber auch Seifen und Schlüsselanhänger. Bisher lief der Verkauf schleppend. Keiner hat sich groß darum gekümmert und die Produktion war ein riesiges Chaos und so hat meine Chefin mich kurzerhand, gemeinsam mit einer anderen Mitarbeiterin, angestellt das zu ändern.
Nun gibt es ein neues System und wir versuchen alles ein wenig effektiver zu gestalten. Denn sollte es am Ende gut funktionieren, können wir durch den Verkauf von den Produkten viele weitere Frauen in den Kursen aufnehmen.
So ist es an mir den Frauen die neuen Designs und deren Ausführung zu erklären, sie später zu kontrollieren und Verbesserungsvorschläge anzubringen. Endlich arbeite ich so direkt mit den Frauen zusammen und noch dazu kann ich bei zum Thema Nähen tatsächlich viel betragen. Denn schließlich bin ich nicht umsonst Tochter einer Kostümbildnerin.
Trotz des abgeschlossenen Nähkurses der Frauen hier,
geht es nämlich immer noch um einfachste Grundkenntnisse und da kann ich gut mithalten.
Gleichzeitig machen wir aber immer auch Empowerment und versuchen die Frauen darin zu bestärken ein wenig wirtschaftlicher zu denken und ihnen zu helfen, wie sie am besten arbeiten. So nach und nach weiß ich immer besser, wie ich die Dinge erkläre, dass sie mich verstehen und dass am Ende tatsächlich das Produkt so aussieht, wie wir uns das vorgestellt haben. Es fordert mich heraus, von Stoffqualitäten und Nähtechniken in Spanisch zu reden, aber es übt natürlich ungemein. Und es macht Spaß meine Stärken zu nutzen und kreativ Ideen einzubringen.
Die Fotos sind in einem der Armenviertel, während einer Geschenkeaktion zum Kindertag entstanden. Wer mehr erfahren will, schaue gerne bei www.12gradnord.wordpress.com vorbei.