Seit fast vier Monaten lebe ich jetzt hier in diesem kleinen Städtchen mit den staubigen Sandstraßen und den kleinen halbverfallenen Häusern, zwischen denen auf Kopfhöhe Stromkabel hängen und Hunde vor kleinen Gemüse- und „Krimskrams“- Läden schlummern. Fast vier Monate… Mir kommt es gleichzeitig vor als würde ich wenige Wochen oder aber bereits ein Jahr hier leben und jede Woche über holprige Straßen in die indigenen Gemeinden (Comunidades) fahren, um dort mit den Yaneshagemeinschaften zu arbeiten, in Villa Rica Klimamärsche oder ein interkulturelles Camp mit allen Kindern des Kinderpatenprogramms, aus den Comunidades und aus Villa Rica, organisieren, oder an einem Seminar zur Erarbeitung einer Yaneshaverfassung teilnehmen. Wir vier Freiwilligen, Lisa, Yuki, Yvonne und Ich wurden auf die vier Teilbereiche unseres Projektes verteilt, um schwerpunktmäßig in verschiedenen Bereichen, die aber in einander greifen, zu arbeiten. So ist Yvonne Teil des Programms „COBIO“, dem Programm, das sich dem Schutz des Atiycuy- Naturschutzgebietes widmet, Yuki dagegen arbeitet mit Mundi in der Begleitung der Yaneshagemeinschaften in ihrem Organisationsprozess (dazu gehört unter anderem auch das Entwerfen einer Verfassung oder verschiedene Workshops zu indigenen Rechten) und Lisa arbeitet im Umweltbildungsprogramm, das zum Beispiel Workshops mit den Jugendlichen aus Villa Rica oder mit den Kindern aus den indigenen Gemeinschaften zu einheimischer Flora und Fauna oder zum Naturschutz veranstaltet.
Ich dagegen unterstütze Angelika und Henry im Kinderpatenprogramm, wo wir sowohl mit den Kindern aus Villa Rica, als auch aus den indigenen Gemeinschaften („Comunidades“) arbeiten. Mit den Kindern machen wir verschiedenste Übungen zur Förderung ihrer persönlichen Entwicklung, und zumindest in den Comunidades auch zur Stärkung ihrer kulturellen Identität. So wie letzte Woche, als wir zum Beispiel Yaneshamuster malten, oder die Kinder zum Jahresabschluss traditionelle Tänze aufführten, die sie in der Schule gelernt haben. Ich liebe es nach den Workshops mit den Kindern im Fluss zu schwimmen oder ihnen ein paar Worte Englisch bei zu bringen, nach denen sie mich mit unglaublicher Neugier fragen, fast so sehr wie das Strahlen in ihren Augen zu sehen, wenn sie auf Yanesha ein Lied vorsingen, oder mir versuchen bei zu bringen, wie man Carachamas (Panzerwelse) im kristallklaren Fluss fängt.Beinahe vier Monate leben und arbeiten wir jetzt hier, und langsam habe ich das Gefühl, das dieses Städtchen zwischen Kaffeplantagen und Bergregenwäldern fast zu einem zweiten Zuhause für mich geworden ist.Und dennoch gibt es immer wieder diese kurzen Momente, in denen ich auf einmal bemerke, wie anders doch alles ist. Ich gehe durch die staubigen Sträßchen, vorbei an ausgemergelten Straßenhunden, die vor kleinen Holzschuppen schlafen, vorbei an klappernden Mototaxis und mit Lautsprechern durch die Stadt fahrenden Churrosverkäufern. Am Straßenrand sitzen einige alte Damen in ausgeblichener andiner Tracht, vor ihnen mehrere Töpfe aus denen sie „Masamora“ und Milchreis schöpfen, um irgendwie etwas Geld zu verdienen.
Eine alte Frau spricht mich an, bettelt um ein paar Soles und ich weiß nicht, wie ich reagieren soll. Ich biege ab. Plötzlich bin ich in einer kleinen Seitenstraße. Kinder in löchrigen, dünnen Kleidern spielen im Staub zwischen den kleinen Hütten. Ein paar von Ihnen kenne ich aus den Mittwochsworkshops. Was diese Kinder alles erleben mussten. Der Vater im Gefängnis, weil er die große Schwester vergewaltigt hat, die Mutter krank, kann nicht arbeiten. Eine Großmutter, die ihr Essen den Kleinen gibt, weil das Geld nicht reicht, um Reis zu kaufen. Die Eltern Tagelöhner auf den Feldern. Kinder, die Obst bei den Nachbarn klauen, sich mit Waschmittel waschen, weil das Shampoo zu teuer ist. Wir können uns nicht vorstellen, wie es ist so zu leben. Abends mit knurrenden Mägen ins Bett zu gehen, von anderen diskriminiert zu werden, weil man alte Klamotten trägt oder sich Schulmaterialien nicht leisten kann. Wir können es uns nicht vorstellen und zu oft verschließen wir die Augen, aus Hilflosigkeit, aus Ignoranz, aus Egoismus. Ich weiß es nicht. Ich selbst merke, wie schwer es mir fällt mich in ihre Lage zu versetzen, zu handeln und nicht wie so oft weg zu sehen, die Augen zu verschließen, vor dem Leid der Anderen. Es ist 5.30 und wir fahren in eine der Comunidades. Auf dem Weg dorthin fällt mir immer wieder auf, wie viel Müll hier am Straßenrand liegt. Was für ein Kontrast zu der Lebensweise der Yanesha, die traditionell zusammen mit und in der Natur leben. Nach einer Stunde Wanderung kommen wir komplett verschwitzt in diesem kleinen Dorf an, und ich fühle mich für einen Augenblick wie in der Zeit zurückversetzt, wie in einer anderen Welt. Genauso wie ich mich fühlte, als die Yanesha an ihrem Jubiläum um das Lagerfeuer tanzten begleitet von Panflötenmusik und traditionellen Gesängen oder, wenn die Kinder einem am Fluss versuchen beizubringen, wie man mit den Händen Carachamas (Panzerwelse) fängt. Doch diese Momente sind nur noch Ausnahmen, selbst in den sehr besonderen Gemeinschaften, mit denen wir arbeiten, die im Gegensatz zu vielen ihre Kultur noch nicht aufgegeben haben. Doch auch hier verlieren die Leute immer mehr ihre Traditionen, ihre Sprache, ihre Kultur, die bald auszusterben droht. Mein Blick streift über die kleinen Hütten mit Palm- oder Wellblechdächern, zwischen denen Hühner im Staub scharren und Kinder von den Bäumen Früchte pflücken. Ein kleines Mädchen, vielleicht sechs oder sieben Jahre alt, kommt auf mich zu. Auf ihrem Arm trägt sie ihren gerade mal zwei Jahre alten Bruder. Die Eltern sind Kleinbauern oder arbeiten im nächsten Dorf, um ein paar Soles zu verdienen, während ihre kleinen Kinder zuhause bleiben, um auf ihre kleinen Geschwister aufzupassen. Wie kümmert sich ein sechs jähriges Kind um seinen zwei jährigen Bruder, wenn es doch zur Schule gehen soll? Was passiert mit einer Familie, wenn die alleinerziehende Mutter plötzlich nicht mehr als Tagelöhnerin auf der Plantage arbeiten kann, kein Geld mehr verdient, um Lebensmittel oder Medikamente zu kaufen? Viele Familien ziehen in die Städte, um ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen, irgendwann. Sie leben in der Stadt, um dort Arbeit zu finden, oder, damit ihre Kinder studieren können, doch mit dem Umzug in die Stadt verlieren viele ihre Kultur. Sie kommen nach Lima, Huancayo oder Villa Rica und werden statt mit offenen Armen mit Beleidigungen begrüßt. Sie wären „chunchos“ (das heißt so viel wie „Wilde“), könnten nichts, wären niemand. Kinder, die in Kushmas (die traditionellen Gewänder der Yanesha) zur Schule kommen, werden als Hexe bezeichnet, ausgelacht, ausgegrenzt. Kein Wunder, dass viele Familien ihre Kultur nicht mehr weitergeben.Hier in Villa Rica liegt die Kolonialisierung nicht lange zurück. Die Dorfältesten haben noch miterlebt, wie die deutschen Siedler kamen, um ihnen alles zu nehmen. Doch bis heute sind sie Opfer von Diskriminierung, der Ausbeutung, dem Landraub. Was früher Kautschuk war ist heute Erdöl, das mit großen Tanklasterkarawanen aus dem Regenwald transportiert wird.
Schaut man sich die Situation der Menschen hier an, wird klar warum die Arbeit so vielseitig ist. Es muss nicht nur mit den Kindern gearbeitet, sondern auch mit Behörden verhandelt werden, die Yaneshagemeinschaften müssen aufgeklärt, organisiert und unterstützt werden, um illegalen Landraub zu verhindern, und den Regenwald vor dem Absterben zu bewahren. 3500 Jahre. So lange hat die faszinierende Kultur der Yanesha überlebt, doch wer weiß wie lange es sie noch geben wird. Ich beobachte die Kinder, wie sie ihre Geschwister über die Felder tragen. Denke an die Familien, mit denen wir hier arbeiten, an Familien, die abends kein Essen auf den Tisch bringen können, während wir in Deutschland massenweise Lebensmittel wegwerfen. Wie kann es sein, dass Menschen noch immer aufgrund ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert werden, im Krankenhaus heimgeschickt werden, ihre Kultur verleugnen, nur weil sie anders sind? Wie kann es sein, dass Gemeinschaften ihr Land geraubt wird, um Öl aus dem Boden zu holen, Holz zu schlagen oder Ananasfelder zu schaffen, ohne nur einmal die Betroffenen zu fragen? Was ist unsere Rolle in all diesen Dingen? Sind es nicht auch wir, die billige Früchte wollen, die immer mehr Erdöl fordern, um unser Leben im Luxus zu ermöglichen? Viel zu oft verzetteln wir uns in den Problemen unserer kleinen Alltagswelt, unseres Staates, unseres eigenen kleinen Tellerrandes, ohne auch nur ansatzweise zu schätzen zu wissen, wie gut wir es eigentlich haben. Dankbar zu sein, dafür in einem Staat zu leben, ohne Politiker, die reihenweise hinter Gittern sitzen, wegen Korruptionsvorwürfen. Dankbar zu sein, dass wir eine Krankenversicherung haben, durch die wir im Notfall eine ärztliche Behandlung erhalten können, und nicht aus Geldmangel in Lebensgefahr schweben. Dankbar zu sein, für die Möglichkeit entscheiden zu können, was wir essen, sogar so sehr im Überfluss zu leben, dass reihenweise Lebensmittel in der Tonne landen. Haben diese drei Monate meine Sicht auf die Welt geändert? Mich zu einem anderen Menschen gemacht? Ich weiß es nicht. Aber vielleicht sind es diese Augenblicke, die einen für einen kleinen Moment die Welt durch andere Augen sehen lassen, die uns ermöglichen eine andere Perspektive einzunehmen. Eindrücke, die Fragen aufwerfen, Zweifel, an der Art wie wir leben, was wir tun, oder eben gerade nicht tun. Augenblicke und Erfahrungen, die uns begleiten werden, uns bewusster werden lassen, und hoffentlich auch langfristig unser Handeln beeinflussen. Denn wir leben eben nicht in anderen Welten, so unterschiedlich die Kultur, das Zusammenleben, die Lebenssituation auch sein mag, sondern teilen einen Planeten, eine Welt.
Als wir vor sechs Wochen in Villa Rica aus dem Bus aus Lima stiegen, hatten wir keine Vorstellungen, was uns erwarten würde. Wir kannten die Beschreibungen von früheren Freiwilligen, von Visioneers und vom Skype-Gespräch mit Eli, unserer Chefin, doch so genau war uns nicht klar, wie hier alles aussehen und laufen sollte. Inzwischen fühlt es sich an, als wären wir gleichzeitig schon ein Jahr und erst einen Tag hier. Das Team Atiycuy hat uns sofort in seine kleine Familie aufgenommen und die Arbeit ist inzwischen zum Alltag geworden.
Da wir vier Freiwillige sind, wurden wir auf die vier verschiedenen Programme aufgeteilt. Alisa arbeitet bei ANNA, dem Programm für Kinder und Jugendliche. Yuki arbeitet mit Mundy bei CCNN, dem Programm, das mit den Yanesha zusammenarbeitet und diese im Prozess der Selbstverwaltung unterstützt. Yvonne wurde in Projekt Nummer drei, COBIO, untergebracht. Dieses arbeitet in der Concesión, einem 18.000 ha großen Gebiet Primärregenwald und dessen Dörfer. Das letzte Programm ist GEA, in dem ich arbeite. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Umweltbildung der Jugendlichen aus Villa Rica, aber auch der Comunidades. Außerdem organisieren wir immer wieder größere Projekte. So zum Beispiel am 27. September unseren Fridays-For-Future-Marsch durch Villa Rica, an dem fast 80 Leute teilgenommen haben, darunter viele Schulen und Vertreter der Stadt.
Atiycuy Perú arbeitet mit fünf verschiedenen Comunidades, den Yanesha-Dörfern, zusammen. Wenn wir in die Comunidades fahren, treffen wir jedes Mal beeindruckende Menschen, die uns herzlich empfangen und stolz auf ihre Kultur sind. Besonders inspirierend empfinde ich die Selbstlosigkeit der Yanesha. Als wir vor einer Woche plötzlich mitten im Regenwald im Platzregen standen und nicht mehr zum Auto laufen konnten, winkte uns sofort eine Yanesha-Mutter mit zwei kleinen Kindern in ihr Ein-Zimmer-Haus und schenkte uns ihr Mittagessen, damit wir uns anschließend trocken und gesättigt auf den Heimweg machen konnten. Schöne und sehr besondere Momente erleben wir immer wieder, wenn die Yanesha ihren Stolz für ihre Kultur zeigen. Ob sie ihr Kunsthandwerk anfertigen und an kleinen Ständen auf dem Wochenmarkt in Villa Rica verkaufen, die Kinder traditionelle Tänze tanzen oder ob uns ältere Damen zeigen, wie man Schmuck für das Cushma, das traditionelle Gewand, anfertigt, immer wieder wird uns klar, dass die Yanesha einen einzigartigen kulturellen Schatz besitzen.
Die Arbeit mit den Yanesha ist vielseitig und unterscheidet sich je nach Programm. Während Alisa mit den Kindern über die Yanesha-Identität, Persönlichkeitsempfinden und das Kulturgut der Yanesha spricht, liegt der Fokus bei Yukis Programm auf den Menschen- und Indigenenrechten sowie auf der Organisation der Comunidades untereinander. Der Schwerpunkt bei GEA, meinem Programm, wurde auf die lokale Flora- und Fauna, Nachhaltigkeit und Ökotourismus gelegt. Und alle Programme vereint spiegeln den ganzheitlichen Ansatz Atiycuy Perús wider.
Während die Comunidades, mit denen wir zusammenarbeiten, sonst nicht viel mit Nicht-Yanesha zu tun haben, gibt es hier jedoch auch Comunidades, die im starken Kontrast dazu stehen. Letztes Wochenende fuhren wir für zwei Tage zu unserem Mentor und seiner Familie. Lercio und seine Tochter besuchten dann am Samstag mit uns eine Ashaninka-Comunidad. Und wir waren mehr als schockiert, als wir uns inmitten eines Touristenzentrums wiederfanden. Dem Touri wird das traditionelle Gewand angezogen, bevor er zum Tanzen mit, man kann es schon so bezeichnen, traditionell bemalten Strippern und zum Kaufen von angeblich dort hergestellten Andenken geschickt wird. Wir fühlten uns, als hätten wir unsere Yanesha-Freunde mit diesem Besuch verraten. Die Ashaninka-Comunidad war bereits im Grundriss darauf aufgebaut, dass der Tourist an möglichst vielen Ständen vorbeilaufen muss, um das Programm anschließend mit einer Gruppe anderer Touristen zu erleben. Wir hatten jedoch nicht das Gefühl, dass sich die Ashaninka überhaupt mit ihrer Kultur identifizieren können. Alles wirkte viel zu bunt, die Tänze und Gesänge für den Touristen angepasst. Nicht nur die Stripper schreckten uns ab, auch der Fakt, dass danach jedem Touristen ein Kind an die Hand gegeben wurde, das und zu den Marktständen führte, war befremdlich. Die Kinder vermeiden persönliche Antworten, weichen Fragen nach Arbeit und Wohlbefinden aus und lenken schnell ab, sollten sie doch einmal zu ehrlich gewesen sein. Schlussendlich waren wir froh, endlich wieder in Lercios Auto steigen zu können und wegzufahren.
Doch ein schlechter Nachgeschmack bleibt: Zwar ist uns natürlich bewusst, dass hier die Kultur wie Bananen verkauft wurde, wir kennen den Gegensatz dazu aus den Yanesha-Comunidades. Aber mit uns waren dort neben Familien auch Schulklassen, die wohl nun nur dieses Bild von Indigenen Gemeinschaften haben. Das ganze Konzept ist also höchst fraglich. Obwohl – das muss man dazu sagen – die Ashaninka natürlich Geld damit verdienen, sich selbst versorgen können und nicht auf Plantagenarbeit angewiesen sind.
Die Ökonomie der Yanesha-Comunidades basiert auf der lokalen Landwirtschaft. Sie bauen Yuca und Kakao an, verkaufen Eier und sind deshalb nicht abhängig von Tourismus. Zusammen mit den Comunidades-Bewohnern arbeiten wir daran, neue Wirtschaftszweige für sie zu erschließen. Ökotourismus und Kunsthandwerk sollen dabei eine große Rolle spielen. Wir werden sehen, wie sich das ganze entwickeln wird!
– Saludos nach Deutschland schicken Alisa, Yvonne & Yuki!
Seit über einem halben Jahr bin ich nun schon Freiwilliger einer peruanischen NGO in einem Dorf namens Villa Rica, gelegen in den Bergregenwäldern Perus. Nun versuche ich euch einmal näher zu bringen, wie man sich die Arbeit für Atiycuy Perú und das Leben im Projekt vorstellen kann.
Das Projekt selbst werde ich nur noch mal grob erklären, da es ja bereits in der Projektbeschreibung und der Homepage (http://atiycuy-peru.org) vorgestellt wird; diese ist allerdings stark veraltet, letztes Jahr wurde dauernd an einer neuen gearbeitet. Was daraus geworden ist oder ob die neue Homepage noch kommt, keine Ahnung ¯\_(ツ)_/¯.
Das Projekt besteht aus vier Programmen (fünf, wenn man die Freiwilligen mitzählt): ANNA (Acompañamiento de niños, niñas y adolescentes; aka Patenkinderprojekt), CCNN (Comunidades Nativas; Dorfentwicklungsprojekt indigener Gemeinschaften), COBIO (Conservación y Biodiversidad; Naturschutzprogramm welches sich um die 18000 Ha Wald (Concesción) kümmert) und GEA (Gestión y Educación Ambiental; Umweltmanagement und –bildung), welches ich ein wenig genauer erklären kann/werde, da ich zu 90% hierfür arbeite.
Die Arbeit der Freiwilligen ist immer komplett unterschiedlich, je nach dem mit welchem der vier Koordinatoren man halt zusammenarbeitet. Da ich momentan jedoch der einzige Freiwillige bin, helfe ich auch regelmäßig bei den anderen Programmen mit aus. Die Arbeit für CCNN besteht größtenteils aus der Vorbereitung und Durchführung der Versammlungen/Besprechungen in den Comunidades (indigenen Dorfgemeinschaften).
Für COBIO gilt ähnliches, diesmal jedoch in den Dörfern rund um die Concesción (natürlich sind die Themen der Versammlung ganz andere). In näherer Zukunft wird dann auch mit der Arbeit im Wald selbst begonnen (z.B. Kameras aufstellen). Die Arbeit für ANNA gestaltet sich dagegen etwas unterschiedlicher.
Jeden Mittwoch um 16 Uhr kommen die Kinder und Jugendlichen Villa Ricas zu den Talleres (ins Programm eingeschrieben sind derzeit etwa 120, es kommen jedoch meistens zwischen 30 – 50 Kinder und 20 – 25 Jugendliche).
Diese müssen natürlich vorbereitet und durchgeführt werden, wobei man als Freiwilliger auch gerne seine eigenen Ideen einbringen kann/darf/soll. Hierbei gilt allerdings zu erwähnen, dass man peruanische 12 – 16-Jährige nicht mit deutschen vergleichen kann, eher mit deutschen Kindergartenkindern (kein Witz). Regelmäßig müssen auch die Lebensgeschichten kleiner peruanischer Kinder ins Deutsche übersetzt werden, damit diese deutsche Paten finden. Und hin und wieder auch Grüße der Kinder an ihre Paten in Deutschland. Da ANNA aber auch mit den Kindern einiger Comunidades zusammenarbeitet, geht es im Rahmen dessen auch regelmäßig samstags (die Kinder haben ja auch Schule) in die Comunidades, wo man mit den Kindern und Jugendlichen dort (welche wesentlich reifer sind als ihre Altersgenossen in Villa Rica) dann z.B. Pfeil und Bogen schnitzt oder sich Geschichten seiner Kultur erzählt. Nicht selten geht es dann danach auch mal zum Baden in den Fluss.
Jetzt zu meiner Arbeit (und dem Leben. Da man ja im Projekt auch lebt, vermischt sich das ganze auch zwangsläufig etwas). Arbeitsbeginn ist um 8:30 Uhr (natürlich für alle, außer man fährt in eine der Comunidades oder die Concesción, dann geht es um 5 – 6 Uhr los), davor gibt es Frühstück (meistens Haferschleim oder Quinoa, dazu Obst und Fruchtsaft). Zum Essen allgemein sollte man noch sagen, dass auf persönliche Wünsche eigentlich meistens eingegangen wird (solange man diese denn äußert und auch mal dranbleibt, sollte es vergessen werden). Möglichkeiten selbst zu kochen gibt es auch, ab Samstagabend ist die Köchin nicht da, die Küche ist auch ziemlich gut ausgestattet. Mittag ist von 13 – 14:30, Feierabend ist um 18:30, danach gibt es Abendessen.
Samstags wird normalerweise auch gearbeitet, das wird für die kommenden Freiwilligen aber glaube ich abgeschafft. Da ich hauptsächlich für GEA arbeite, bin ich meistens im Garten oder dem kleinen Waldstückchen neben dem Haus unterwegs. Darin befindet sich ein kleiner Rundweg, den wir zu einer Art Waldlehrpfad machen. Letzte Woche war eine Biologin, spezialisiert auf Dendrologie , zu Besuch und hat die vorhandenen Baumarten des Waldes bestimmt (knapp einhundert).
Arbeit die jetzt noch ansteht ist z.B. das Beschriften der Schildchen an den Bäumen mit den wissenschaftlichen Namen. Ich werde Bilder machen und mithilfe von Carlos (welcher mit mir im Garten arbeitet und auch aus einer indigenen Yanesha-Gemeinschaft stammt und daher auch alles über die einheimischen Pflanzen und deren Verwendung weiß) eine Liste der Heilpflanzen erstellen.
Weitere Arbeit ist z.B. das Bauen von Nistkästen, Vogelfutterstellen, Blumen pflanzen, Hunde füttern und rauslassen (ja, es gibt auch zwei Hunde, Orran (Yanesha für Bär) und Mayar (Tiger)), Hochbeete oder Kräuterspiralen bauen, Pflanzen gießen etc. Hier kann man natürlich auch gerne seine eigenen Ideen einbringen, was man denn so machen will. Das alles hat zum Ziel, den Kindern (nicht nur, aber vor allem) die Vielfalt und Schönheit der Natur ihrer Heimat zu zeigen, damit sie lernen diese zu schätzen und zu bewahren, denn der gemeine Peruaner geht mit seiner Umwelt in der Regel absolut respektlos um.
Soviel zur Arbeit, jetzt noch kurz zum Leben im Hause Atiycuy:
Fast alle Mitarbeiter leben gemeinsam hier im Projekt. Einige fahren an den Wochenenden nach Hause zu ihren Familien, manche öfter manche seltener. Es gibt insgesamt zwei Häuser, Block A (in dem sich fast alles befindet, also Esszimmer, Büros, Auditorium und einige Schlafzimmer) und Block B (frisch fertiggestellt, hier gibt es Schlafzimmer und einen Aufenthaltsraum, wie genau der jetzt allerdings gestaltet wird ist noch fragwürdig, da sich Pläne hier alle zehn Minuten ändern). In den Schlafzimmern sind zwei bis drei Betten, in Block A hat jeder sein eigenes Bad, Block B hat nur ein Bad. Jedoch wird auch immer gebaut und etwas geändert, deswegen kann ich nicht sagen, wie es in Zukunft aussieht.
Privatsphäre (ist hier in Peru aber auch eher ein Fremdwort) gibt es nur im eigenen Zimmer, zum Ausruhen gibt es ein Sofa und einen Sitzsack im Esszimmer, ich hab mir noch eine Hängematte für den Garten gemacht (die nehme ich aber mit, ihr müsst euch schon eure eigene machen – wie das geht, zeigt euch Carlos).
Die Mitarbeiter bleiben eigentlich bis sie ins Bett gehen im Büro. Wlan gibt es auch, mal schneller, mal gar nicht.
Ansonsten gibt es nicht viel zu sagen, eigentlich sind alle im Projekt sehr entspannt und freundlich. Villa Rica an sich ist ein recht kleines Dorf, es gibt ein paar (Karaoke-)Bars und Discos, einen Mirador (Aussichtspunkt), zwei Wasserfälle in der Nähe und einen recht großen See. Zur Freizeitgestaltung kann man an den Wochenenden auch die Städte in der Nähe besuchen oder mal nach Lima fahren (10 Stunden Bus über Nacht). Oder ihr fragt einfach eure Mitarbeiter, die kennen in jedem Teil Perus irgendwen, der euch etwas zeigen kann.