Die zwei Seiten des einsamen San Andrés
Nachdem ich meine ersten zwei Wochen im Sprachkurs am Pazifik mit gutem Wetter und leben in einer Gated Community, inklusive Tennisplatz und Pool verbracht habe, wurde es Zeit für eine Abkühlung. Nicht nur hinsichtlich der Temperaturen, welche in den Bergen 15 Grad (gefühlt) niedriger liegen werden als am Meer, sondern auch hinsichtlich meiner eigenen Erwartungen und der Realität.
Es geht los
Als ich und meine Mitfreiwilligen am 10.09. in San Andrés de León Cortés bei unserem Projekt ankamen, wurden wir nett von unseren Chefs begrüßt und aßen gemeinsam zu Mittag. Da das Haus auf der Finca, in welchem wir mittlerweile wohnen, bei unserer Ankunft noch einer Baustelle glich, wurden wir für die ersten drei Wochen jeweils zu zweit in unterschiedlichen Häusern im Dorf untergebracht. Als wir das erste Mal durchs Dorf fuhren, wurde mir erst richtig bewusst, was ich mir für einen Ort ausgesucht hatte und was das in der Realität für mein Jahr hier bedeutete.
Inzwischen lebe ich auf der Finca in einer WG mit drei anderen Freiwilligen. Das hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Einerseits haben wir viele Freiheiten, können kochen was wir wollen und müssen uns nicht an die Strukturen und Regeln einer Gastfamilie halten. Andererseits haben wir es schwerer, uns in die Dorfgemeinschaft zu integrieren und Menschen kennenzulernen. Mittlerweile habe ich aber guten Anschluss zu Leuten in meinem Alter gefunden und gehe unter anderem zweimal die Woche Fußballspielen oder bestelle mit den anderen Pizza und verbringe den Abend mit ihnen zusammen.
Meine Arbeit hier
Unsere Arbeit besteht zurzeit im Wesentlichen darin, auf der Baustelle des dritten Gebäudes der Finca mitzuhelfen. Hier erledigen wir Aufgaben wie das Streichen von Wänden und Balken oder Vorbereitungs- und Aufräumaufgaben, wie das Mischen von Beton oder das Ausheben von Löchern für das Fundament. Außerdem errichten wir ein Gewächshaus und später kommt noch ein Hühnerstall dazu. Es bleibt aber auch oft Zeit, um einfach einen Spaziergang, die Kaffeeplantage hinunter, zum Wasserfall zu machen. Da die Kaffeebohnen noch nicht reif sind, können wir noch nicht auf der Kaffeeplantage arbeiten, da es dort zurzeit keine Aufgaben gibt. Ende November beginnt dann aber die Kaffeeernte, bei welcher wir auch tatkräftig unterstützen werden.
Mein Projekt bietet zurzeit zwar noch nicht so viele Aufgaben, wenn es aber etwas zu tun gibt, sind dies meistens körperliche Tätigkeiten, sodass ich am Abend froh darüber bin, früh ins Bett zu gehen.
Die Realität hat zwei Seiten
San Andrés ist ein wirklich schönes Fleckchen Erde. Es liegt auf 1300 Höhenmetern in den Bergen Costa Ricas und dank des Klimas hier, können in San Andrés ganzjährig Pflanzen wachsen. Aufgrund der Regenzeit regnet es zurzeit den halben Tag, was dazuführt, dass man den Nachmittag oft nur drinnen verbringen kann. Der viele Regen sorgt dafür, dass es hier nicht an Wasser mangelt und man Wanderungen durch den Fluss zu verschiedenen Wasserfällen machen kann. Das Dorf ist trotz seiner kleinen Einwohnerzahl von ca. 1400 Menschen sehr weitläufig. Daher ist der Weg zur „Pulperia“, also zum Dorfladen, eine etwa einstündige Wanderung mit 100 zu überwindenden Höhenmetern. Das Hauptfortbewegungsmittel der Einheimischen ist das Motorrad, auf welches viele hier angewiesen sind. Uns Freiwilligen ist allerdings sowohl das Fahren als auch das Mitfahren untersagt.
Alle diese Faktoren machen San Andrés zu einem wirklich schönen, aber einsamen Ort. Da es hier so wenig Möglichkeiten gibt, etwas zu unternehmen, wird das Leben für mich hier sicher manchmal nicht einfach. Hierauf habe ich mich aber vor meinem Freiwilligenjahr eingestellt. Was ich vorher nicht erwartet hatte ist, dass die Ruhe und Einsamkeit die hier vorherrschen, mir auch dabei helfen, wirklich nachhaltig zu entschleunigen und mich auf Dinge zu konzentrieren, die im stressigen Leben Deutschlands einfach untergehen.
Zukunftsaussicht
Nach fast zwei Monaten habe ich mich hier wirklich gut eingelebt und meinen eigenen Rhythmus gefunden. Unter der Woche kommt es zwar manchmal dazu, dass einem langweilig wird, da es weder Arbeit noch andere Aktivitäten gibt, aber als Ausgleich dafür verreise ich so gut wie jedes Wochenende, erlebe viel und lerne neue Orte und Menschen kennen. Wenn ich dann am Sonntag zurück ins kleine San Andrés komme, freue ich mich, nach dem Trubel des Wochenendes wieder eine Woche die Ruhe des Dorfes zu genießen.
Mittlerweile habe ich durch die vielen Reisen auch gelernt, dass Costa Rica viele verschiedene Realitäten zu bieten hat. Es gibt Städte, in denen fast ausschließlich US-Amerikaner leben, die Hauptstadt ist von sehr viel Armut und Kriminalität geprägt und dann gibt es schließlich das beschauliche Dorf San Andrés, in welchem nur ein Bus am Tag fährt und die meisten Menschen von der Landwirtschaft leben.
Auch wenn meine Erwartungen teilweise anders waren, bin ich mit der Realität in welcher ich hier in San Andrés angekommen sehr zufrieden.
Ich denke, dass mich das Jahr hier, gerade aufgrund des Ortes, persönlich wirklich weiterbringen wird und daher im Endeffekt genau die richtige Wahl für mich war.
Vielen Dank, dass du dir Zeit zum Lesen genommen hast!
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