ESK-Update: Nachhaltigkeit im „Eco-Village“, meine Eindrücke aus 5 Monaten in Italien
Verrückt wie schnell die Zeit vergeht. 5 Monate sind schon fast vorüber und damit auch mein Aufenthalt hier. Die letzten Monate habe ich nun in Italien in einem Eco-Village verbracht, wem das jetzt nichts sagt (so wie mir anfänglich, also keine Sorge), hier eine kurze Erklärung. Einfach gesagt handelt es sich um einen Zusammenschluss an Leuten, die sich dazu entschieden haben, ein umweltverträgliches und nachhaltiges Leben abwärts von Konsumwahn und Verschwendung zu führen.
Wir holen unser eigenes Obst und Gemüse vom Feld, vermeiden Abfall so gut wie möglich, recyceln, upcyceln (das bedeutet aus alten Sachen neue, schöne Dinge herzustellen) und verwenden selbst hergestellte Produkte. Generell versuchen wir so wenig wie möglich ‚,von Außen‘‘ einzukaufen, mit dem Ziel irgendwann zukünftig selbstversorgend zu sein. Zu unseren Autoproduktionen zählen unter anderem Seifen und Shampoos, Reinigungsmittel, Getränke, Hygieneartikel, Nahrungsmittel, Medizin und vieles mehr.
Außerdem setzten wir den Fokus auf eine vegane, ausgewogene, saisonale, regionale und faire Ernährung und ein achtsames Umgehen mit Rohstoffen und Ressourcen. So versuchen wir mit möglichst vielen Produkten einen Kreislauf zu kreieren, wie zum Beispiel mit Kaffee. Diesen kaufen wir zwar (noch) aus anderen Ländern, jedoch wird er mehrfach genutzt und wiederverwendet. Der erste Schritt ist natürlich: Kaffee als Getränk, das genutzte Pulver wird dann jedoch anschließend in der Sonne getrocknet und später genutzt, um überschüssiges Öl von Tellern und Besteck zu entfernen. So brauchen wir keine chemischen Reinigungsmittel für diesen Prozess und entlasten die Rohre sowie das Filtersystem und letztendlich die Umwelt. Ist dieser Kaffee nun vollständig mit Öl vollgesaugt wird er als hervorragender Dünger für unsere Pflanzen eingesetzt, auch für unsere verschiedene Bäume, bei welchen ich beim Pflanzen mithelfen durfte.
Jedoch geht es nicht nur um Verbrauch und minimalen Umwelteinfluss, sondern auch um ein harmonisches zusammenleben mit anderen Menschen, Achtsamkeit, Dankbarkeit, persönliches Wachstum und so viel mehr. Dazu haben wir unter anderem Dankbarkeitskreise vor dem Essen, verschiedene Vorgehensweisen und Tools für zwischenmenschliche Kontakte, Meditation, Yoga sowie Massagen, (Kontakt-)Tanz, gemeinsame Aktivitäten und Wissens-Kurse (z.B. über Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Ernährung oder persönlichem Wachstum.)
Abseits von dem befindet sich das Gelände hier noch im Bau, da das Projekt erst 4 Jahre jung ist und noch eine Menge Wachstumspotenzial besitzt. Auch hier versuchen wir so viel wie möglich selbst zu gestalten, mit nachhaltigen und kreativen Alternativen, wie Dämmung aus Stroh, Plastikabfällen, Sand oder Reisschalen, Wänden aus Ton und Möbel aus upgecycelten Gegenständen. Im Laufe der letzten Monate konnte ich in all diese Bereiche Einblick gewinnen und einiges an Wissen ansammeln, welches ich auch mit nach Hause nehmen und integrieren möchte.
Aber natürlich besteht nicht alles nur aus Lernen und ‚Weltverbessern‘. Diese 5-monatige Erfahrung hat mich ebenfalls mit vielen tollen, herzlichen und offenen Menschen in Kontakt gebracht, die Natur genießen lassen und mir die Möglichkeit gegeben, den Norden Italiens besser kennenzulernen. Vor allem im Spätsommer und Herbst waren die Radtouren zu Flüssen, Wasserfällen und durch Wälder und Dörfer wunderschön und ich habe es sehr genossen in der Natur zu entspannen und die Umgebung zu Entdecken.
Außerdem konnte ich beeindruckende Städte besuchen, wie Venedig (sogar mehrfach!), Bologna, Udine, Mantua, Vicenza und viele mehr, die atemberaubende Berglandschaft der Alpen sehen und ebenfalls das immer wieder malerische Mittelmeer. Zum Baden war es leider schon zu kalt, aber zum ,,Füße-in-den-Sand-stecken‘‘ hat es allemal gereicht.
Unser treuer Begleiter bei den Reisen waren dabei stets die italienischen Züge, über die man sich wirklich nicht beschweren kann, aber durch etwas verplante oder abenteuerlustige Mitfahrer*innen gab es trotzdem die ein oder andere Verwirrung oder spontane Umplanung der Reise. So wurde dann ,,ausversehen‘‘ eine Station sitzen geblieben, um doch noch die Altstadt Venedigs bewundern zu können oder ein Zug verpasst wodurch noch ein Besuch in Treviso heraussprang. Aber so konnten sich Freundschaften nur noch vertiefen.
Ich kann gar nicht beschreiben, wie glücklich ich bin, all diese Erfahrungen in den vergangenen Monaten gemacht haben zu dürfen. Ich nehme es definitiv nicht als selbstverständlich hin, denn es war eine der schönsten Zeiten, die ich bisher erleben durfte und ich kann jedem der das hier liest nur empfehlen einmal raus aus dem Alltag zu kommen und eine Reise ins Fremde und hin zu neuen Erfahrungen und spannenden Abenteuern zu unternehmen. Auch wenn mein Aufenthalt hier bald endet werde ich viel daraus mitnehmen und noch bin ich nicht bereit, den deutschen Arbeitsrythmus wieder aufzunehmen, denn bis zum Studium liegt noch viel vor mir, was darauf wartet, entdeckt zu werden! 🙂
Mehr Infos zum ESK-Freiwilligendienst: https://www.visioneers.berlin/esk