Ungefähr seit der Hälfte meines Auslandsjahres haben sich einige Dinge geändert, die mein FSJ sehr beeinflusst haben.
Zum einen haben wir Freiwilligen ein eigenes Projekt in der Schule bekommen. Zum anderen hat sich meine Mitfreiwillige dazu entschieden, das Projekt zu wechseln.
Die erste Veränderung betraf den Englischunterricht bzw. die Ferienbetreuung. Seit Mitte Februar habe ich zunächst drei Kinder jeweils für zwei Stunden betreut. Ein paar Wochen später wurde ein Kind aus meiner kleinen Klasse mit seiner Schwester adoptiert. Zeitgleich kamen vier neue Kinder ins Heim, von denen ich zwei betreue. Man merkt, es ist immer etwas los, und man muss sich schnell auf spontane Änderungen einstellen und flexibel bleiben. In den ersten Monaten meiner Arbeit sind nicht viele Kinder gekommen oder gegangen, deshalb war mir das nicht so bewusst und hat mich überrascht, als mir eines Nachmittags erzählt wurde, dass ein Kind am nächsten Tag zu seiner Familie zurückgeht, und an einem anderen Nachmittag (für mich sehr plötzlich) ein Kind das Heim gewechselt hat. Die Lehrerinnen und erst recht ich als Freiwillige bekommen solche Dinge erst relativ spät mit. Auch andere Dinge, wie z.B. die Vorgeschichten der Kinder, werden uns entweder nicht oder meiner Meinung nach sehr spät gesagt.
Das hat natürlich gute Gründe, erschwert aber auch in manchen Bereichen die Arbeit in der Schule, und man muss noch spontaner und flexibler sein. Besonders bei der Adoption des einen Kindes, das ich seit Anfang meines Auslandsjahres betreute, habe ich die Veränderung besonders gespürt. Ich habe mich natürlich total für ihn und seine Schwester gefreut. Der größte Traum eines jeden Kindes ist es, in einer liebevollen Familie leben zu können. Und das habe ich mir sehr für die beiden gewünscht: dass die Familie sie liebevoll aufnimmt, sie fördert und unterstützt, ihr manchmal schwieriges Verhalten aushält und sich bei Bedarf professionelle Hilfe holt, damit sie nach ihrem schweren Start ins Leben eine glückliche Kindheit führen können. Trotzdem schwingt dabei auch die Sorge mit, wie es ihnen gehen wird und ob die Familie weiß, worauf sie sich einlässt. Das mag hart klingen, aber die Lehrerinnen haben schon einige Male miterlebt, dass Kinder nach der Adoption doch wieder zurückgegeben wurden. Und das hinterlässt natürlich Spuren bei den Kleinen.
Bei solchen Veränderungen im Kinderheim bin ich jedes Mal wieder sehr dankbar für meine Kolleginnen. Wir tauschen uns darüber aus, können offen miteinander reden, uns gegenseitig unterstützen und beten auch für die Kinder und ihren weiteren Lebensweg.
Kurz bevor die vier neuen Kinder kamen, hat meine Mitfreiwillige das Projekt gewechselt. Da ich es schon länger wusste, konnte ich mich darauf einstellen. Als es dann aber so weit war, war es erst einmal hart. Ich war es gewohnt, immer eine Person um mich zu haben, die auch Deutsch konnte, für die auch alles neu und manchmal überfordernd war, die die Kinder genau kannte und mit der man sich immer austauschen und über alles reden konnte. Das war am Anfang schon komisch und für mich schwierig, allein auf Arbeit zu sein. So habe ich mich zumindest am Anfang gefühlt. Schnell habe ich aber gemerkt, dass ich gar nicht alleine bin. Ja, ich betreue seitdem z.B. allein die Kleinkinder, bereite allein Dinge vor, während die Lehrerinnen noch Unterricht haben, und fühle mich auch manchmal allein mit emotionalen Herausforderungen. Aber seitdem ich „allein“ auf Arbeit bin, habe ich einen viel engeren Kontakt zu den Lehrerinnen und auch zu den Kindern. Wenn ich überfordert mit einer Situation bin, dann kommt sofort eine Lehrerin und hilft mir. Wenn mir keine Ideen mehr einfallen, dann geben sie mir Tipps und Materialien, und wenn mich etwas emotional mitnimmt, dann reden wir darüber und sie können viele Dinge einordnen und mir erklären. Auch mein Glaube, meine Familie und Freunde und viele andere Dinge helfen mir in solchen Situationen. Insgesamt überwiegen aber die schönen Momente, wenn wir z.B. eine Ente in der Schule hatten und die Kinder sich sehr darüber gefreut haben, als wir einen Ausflug zu einem Vulkan gemacht haben, oder die vielen kleinen Augenblicke zwischendurch beim Basteln, Spielen und Lernen.
Mit meiner ehemaligen Mitfreiwilligen schreibe und rede ich noch oft. Insgesamt bin ich dankbar, beide Erfahrungen gemacht haben zu können. Gerade in der Anfangszeit, als man noch nicht gut Spanisch sprechen konnte und alles neu war, war es für uns beide gut, dass noch eine andere deutsche Freiwillige auf Arbeit war, die einen ganz genau versteht. Jetzt ist es aber auch, auf eine andere Art, schön, als einzige Freiwillige auf Arbeit zu sein. Zwar vermisse ich die Zeit, aber ich habe viel dazu gelernt, mehr Verantwortung übernommen und einen engeren Kontakt zu den Kolleginnen und Kindern aufgebaut. Das sind natürlich alles nur meine persönlichen Erfahrungen, andere Freiwillige hätten es vielleicht ganz anders erlebt und wahrgenommen.
Zum Schluss will ich noch sagen, dass man Veränderungen immer als etwas Negatives oder als Chance wahrnehmen kann. Man kann sich davon runterziehen lassen oder daran wachsen. Das hört sich sehr nach einem gut gemeinten Pinterest-Spruch an, der einem aber nicht weiterhilft. Trotzdem konnte ich lernen, dass ich meine innere Haltung gegenüber bestimmten Veränderungen oft bewusster treffen kann, als ich angenommen hätte. Das habe ich sehr von den Lehrerinnen gelernt, die, auch wenn einige Kinder sehr verhaltensauffällig sind und sie manchmal vor vollendete Tatsachen gestellt werden, trotzdem immer mit einem Lächeln auf Arbeit kommen, voller Mitgefühl und Liebe jedem Kind begegnen und das Beste aus der Situation machen.
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